Handbikerin Zeyen-Giles wird Vize-Weltmeisterin, Eskau holt WM-Bronze
Nach dem Weltmeistertitel im Einzelzeitfahren hat die deutsche Handbikerin Annika Zeyen-Giles (H3) bei der Para Radsport-WM 2024 in Zürich erneut zugeschlagen. Im Straßenrennen belegte die 39-Jährige nach einem engen Zielsprint den zweiten Platz und gewann Silber. Teamkollegin Andrea Eskau (H5) holte trotz technischer Probleme WM-Bronze.
Freude und Erleichterung nach einer langen Saison waren Annika Zeyen-Giles anzumerken. Die Handbikerin, die bereits bei den Paralympischen Spielen in Paris zwei Bronzemedaillen gewonnen hat, hat bei der WM erneut zweimal zugeschlagen. Auf WM-Gold im Zeitfahren folgte am Donnerstagmorgen Silber. „Es war ein hartes Rennen unter sehr schweren Bedingungen. Im Finish hat es ganz knapp nicht zum ersten Platz gereicht, aber natürlich ist der zweite Platz auch ein toller Erfolg“, sagte die Athletin von den SSF Bonn. „Die vergangenen Wochen waren sehr intensiv und hart. Aus Paris mit zwei Medaillen zurückzukehren und hier erneut zweimal Edelmetall zu gewinnen, ist schon toll. Ich freue mich sehr über den WM-Titel im Zeitfahren und auch über den Vize-Titel im Straßenrennen.“
Allzu viele Zuschauer hatten sich nicht auf den Sechseläutenplatz mitten in der Züricher Innenstadt verlaufen, zu schlecht war dafür das herbstliche Wetter. Für die Handbiker*innen stand eine anspruchsvolle Aufgabe an. Rund 38 Kilometer mit mehr als 300 Höhenmetern galt es zu absolvieren – und das bei regennassem Untergrund. Zeyen-Giles war Teil eines Führungstrios, das vom Start bis zum Ziel zusammenblieb. Gut 50 Meter vor dem Ziel lag die Deutsche noch knapp vorne, den besseren Zielsprint legte jedoch die Brasilianerin Jady Martins Malavazzi hin (1:10,11 Std.), die erstmals den WM-Titel gewann. „Ich würde nicht unbedingt sagen, dass es das beste Jahr meiner Karriere war, aber es war ein sehr erfolgreiches“, sagte Zeyen-Giles zufrieden, für die die WM damit beendet ist.
WM-Bronze trotz defekter Bremsen
Zeitgleich mit Zeyen-Giles war auch Andrea Eskau in der H4-Startklasse auf die Strecke gegangen. Doch die 53-Jährige hatte bei ihrem Straßenrennen Probleme mit dem Handbike. „Es ist extrem unglücklich gelaufen. Die Bremse ist komplett zugegangen, sodass ich nichts nach vorne tun konnte. Ich habe noch nie so viel Pech in einem Rennen gehabt“, sagte Eskau (USC Magdeburg). „Ich weiß einfach, dass viel mehr drin gewesen wäre.“ Sie kam mit fünfeinhalb Minuten Rückstand ins Ziel (1:18:31 Std.), gewann damit aber hinter Chantal Haenen (Niederlande, 1:12,54) und Ana Maria Vitelaru (Italien) die Bronzemedaille. Diesmal nimmt die erfahrene Eskau also kein Weltmeistertrikot in den berühmten Regenbogenfarben mit nach Hause. „Nächstes Jahr muss ich wohl bei der WM in Belgien antreten, mein Regenbogentrikot liegt ja leider jetzt auf anderen Schultern“, sagte Eskau und gab sich trotz der Enttäuschung durchaus kämpferisch. Ein Karriereende ist damit wohl vorerst kein Thema.
Julia Dierkesmann, die im Zeitfahren noch einen genauso überraschenden wie überzeugenden dritten Platz hingelegt hatte, fuhr im H4-Straßenrennen in 1:14,10 auf den siebten Rang. Knapp vier Minuten lagen zwischen der 57-Jährigen und den drei Top-Platzierten des Feldes. Während Vico Merklein und Johannes Herter erst am Samstag ihr Straßenrennen fahren werden, war bei den Männern Manuel Scheichl (H2) als einziger Deutscher im Einsatz. Der Bayer kam als Fünfter ins Ziel (1:16:22), mit rund elf Minuten Rückstand auf den neuen Weltmeister Sergio Garotte Munoz (Spanien).
Am Donnerstagmittag ging Zweiradfahrer Steffen Warias (C3) auf die Strecke. Der Kurs führte das Teilnehmerfeld bei anhaltendem Regen über 71,6 Kilometer mit 1051 Höhenmetern durch Zürich und die umliegenden Gebiete. Nach Runde zwei lag Warias noch ganz vorne. Ab der dritten Runde fand der Mann vom BSV München sich auf dem sechsten Rang ein und fuhr ein einsames Rennen – mit größer werdendem Rückstand auf die Führenden. Warias kam nach 2:26 Std. (+5:02 Minuten) dann auch als Sechster ins Ziel. „Von meiner Leistung her bin ich zufrieden. Ich habe alles reingegeben, was ich hatte“, sagte der 39-Jährige. „Es ist unglaublich, was die Jungs vorne für ein Tempo gefahren sind. Da war für mich nicht mehr drin.“
Nach Wettkampftag sechs der gemeinsam ausgetragenen Radsport- und Para Radsport-Weltmeisterschaften 2024 in Zürich (20-29. September) steht das deutsche Team mit sechs Medaillen da. Am Freitag stehen die Chancen auf weitere Top-Platzierungen für Deutschland ebenfalls gut: Pierre Senska (C1) will nach zahlreichen vierten Plätzen in dieser Saison endlich auf das Podium steigen. Dreiradfahrer Maximilian Jäger sowie WM-Bronzemedaillengewinnerin Angelika Dreock-Käser (beide T2) starten ebenfalls mit großen Ambitionen.
Deutsche WM-Medaillen
GOLD: Annika Zeyen-Giles (H3), Zeitfahren
SILBER: Kerstin Brachtendorf (C5), Zeitfahren; Annika Zeyen-Giles (H3), Straßenrennen; Andrea Eskau (H5), Zeitfahren
BRONZE: Andrea Eskau (H5), Straßenrennen; Angelika Dreock-Käser (T2), Zeitfahren
Das deutsche Aufgebot bei der Para Radsport-WM 2024
Kerstin Brachtendorf (52 / Mending / BRSV Cottbus), Julia Dierkesmann (57 / Merzhausen / GC Nendorf), Angelika Dreock-Käser (48 / Bremervörde / BPRSV Cottbus), Andrea Eskau (53 / Apolda / USC Magdeburg), Johannes Herter (40 / Lemgo / RSV Tempoliema), Maximilian Jäger (24 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus), Vico Merklein (46 / Berlin / GC Nendorf), Manuel Scheichl (42 / Rottenmünster / BVS München), Pierre Senska (36 / Berlin / BPRSV Cottbus), Steffen Warias (39 / Allschwil / BSV München), Annika Zeyen (39 / Hennef / SSF Bonn)
>>> zu den deutschen Athleten*innen: TeamDeutschland-Paralympics.de/Para-Radsport
>>> zum Handbike-Fahren beim DRS: Rollstuhlsport.de/Handbike
Text: DBS
Foto mit Annika Zeyen-Giles und Gregor Lang: © Balleer / DBS