Mut beginnt im Kopf – nicht in den Beinen

Wie verteidigt man sich, wenn man im Rollstuhl sitzt? Wie schärft man die eigene Wahrnehmung und tritt selbstbewusst auf? Wie wehrt man sich gegen Angriffe von gewaltbereiten Menschen? Antworten auf diese Fragen bekamen Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit körperlichen Einschränkungen beim Selbstverteidigungs-Workshop im Berufsbildungswerk DIAKOVERE Annastift in Hannover.

Veranstaltet wurde der Workshop von der RSG Langenhagen, geleitet vom erfahrenen Trainer Nils Thate, Gründer und Leiter der Bremer „Organisation für effektive Selbstverteidigung“ (OFES). Bereits seit fünfzehn Jahren arbeitet Nils Thate mit der RSG Langenhagen zusammen, um Menschen mit Behinderung Wege zur mentalen und körperlichen Selbstbehauptung aufzuzeigen.

Am Vormittag erhielten Kinder und Jugendliche drei Stunden lang praxisnahe Einblicke in Selbstverteidigungstechniken – angepasst an individuelle Einschränkungen. Am Nachmittag waren die Erwachsenen an der Reihe. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer trainierten verschiedene Alltagssituationen: von unerlaubtem Anfassen über das ungefragte Wegschieben im Supermarkt oder in der Schule bis hin zu ernsteren Bedrohungslagen.

Im Vordergrund stand dabei nicht der körperliche Kampf, sondern das Auftreten, die Körpersprache und das rechtzeitige Erkennen von Gefahrensituationen. Rollenspiele, gezielte Wahrnehmungsübungen und klare Verhaltensstrategien sorgten für viele Aha-Erlebnisse.

Die Reaktionen der Teilnehmenden sprechen für sich

Gina: „Ich habe den Rat von Nils befolgt und mir gleich ein kleines Selbstverteidigungsset gekauft. Ich freue mich auf die Fortsetzung, in der wir lernen, damit umzugehen.“

Maike: „Mir ist wieder bewusst geworden, achtsamer durchs Leben zu fahren.“

Levi, setzte am Tag nach dem Kurs das Gelernte um und buchte eine Zugfahrt – allein, nach Dortmund. Er fühlt sich sicherer.

Rebecca, Mutter von Pepe: „Er fand es richtig toll‘. Was er auf jeden Fall mitnimmt, ist die Energie, mit der er anderen begegnen kann. Zuhause haben wir der Familie noch einmal alles vorgespielt.“

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Besonders eindrücklich schildert Nina Kuzmierz, Mutter eines zehnjährigen Jungen im Rollstuhl, ihre Erfahrung: „Mich hat beeindruckt, was für eine Energie in meinem Kind steckt: Nach dem Kurs war er gefühlt zehn Zentimeter gewachsen. So stolz war er! Eine selbstbewusste Stimme braucht unser Sohn nicht nur auf dem Schulhof, sondern auch fürs spätere Leben. Der Selbstbehauptungskurs ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zu einem selbstbestimmten, glücklichen Leben. Unsere Kinder brauchen diese Unterstützung noch viel mehr, weil sie so schnell zu Opfern werden können. Jeder Kilometer unserer langen Anfahrt hat sich gelohnt.“              

Mehr als Technik: Selbstwirksamkeit und Mut

Trainer Nils Thate erklärt: „Natürlich haben Kinder mit Behinderungen nur begrenzte Möglichkeiten, sich physisch zu wehren – besonders, wenn sie im Rollstuhl sitzen. Umso wichtiger ist ein selbstbewusstes und energisches Auftreten, damit es gar nicht erst zu einer Eskalation kommt.“

In dem Workshop wurde unter anderem geübt, Grenzen klar zu setzen und sich gegen Übergriffe zu behaupten – verbal, durch Körpersprache und durch kluge Strategien. Ob gegen Grenzüberschreitungen oder echte Übergriffe – ein starkes Auftreten macht den Unterschied.

Fortsetzung des Workshops

Die nächste Einheit findet am 13. Dezember 2025 statt.

Kontakt: Ulrike Kriebel – u.kriebel@rsg-langenhagen.de

Danksagung

Ein herzliches Dankeschön gilt den Förderern der Workshops: Horst & Lisa Otto-Stiftung, und Hannover Airport – ohne deren Unterstützung dieses wichtige Angebot nicht möglich gewesen wäre. Ein besonderer Dank geht auch an das Berufsbildungswerk DIAKOVERE Annastift, das uns großzügig die Nutzung der Halle ermöglicht hat.

>>> mehr zum Sportverein: www.rsg-langenhagen.de

Quelle Text / Fotos: RSG Langenhagen / privat