„Wir brauchen noch mehr Sichtbarkeit“
Bereits seit 1952 gibt es das Deutsche Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung. Dieses ermöglicht mittels behinderungsspezifischer Leistungsanforderungen und Disziplinen wie z. B. Geschicklichkeitsgehen oder Rollstuhlparcours Menschen mit Behinderungen das Ablegen des Sportabzeichens. Die Zahl der Absolvent*innen des Deutschen Sportabzeichens für Menschen mit Behinderung lässt allerdings noch zu wünschen übrig. Dem versucht der Deutsche Behindertensportverband (DBS) gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) entgegenzuwirken.
„Wenn man es positiv formulieren will, kann man sagen, dass die Zahl der Menschen, die das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung abgelegt haben, seit dem Ende der Corona-Pandemie wieder stetig gestiegen ist. Allerdings sind wir noch lange nicht dort, wo wir vor Corona waren“, konstatiert Anne Kaiser, Referentin für Breitensport und Inklusion beim DBS. 2019 erhielten noch rund 7.800 Menschen das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung. Im vergangenen Jahr waren es nur noch knapp 5.400 Sportler*innen. Einer, der dazu beitragen soll, dass diese Zahl perspektivisch wieder steigt, ist Thorsten Baumeister. Er ist über das sogenannte EVI-Projekt des DOSB als Event-Inklusionsmanager im Sport beim DBS angestellt. Dabei gehört es unter anderem zu seinen Aufgaben, die Sportabzeichen-Tour des DOSB, die in diesem Jahr bereits zum 20. Mal stattfindet und an insgesamt zehn Orten Halt macht, im Hinblick auf Inklusion und Barrierefreiheit zu unterstützen.
Das ist laut Baumeister aber gar nicht der Hauptgrund für die aktuellen Teilnehmendenzahlen: „Die Voraussetzungen zur Partizipation von Menschen mit Behinderung waren und sind an allen Tourstandorten gegeben. Dort konnten wir wirklich nur punktuell nachhelfen. Wir brauchen einfach noch mehr Sichtbarkeit für das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung. Viele wissen oftmals gar nichts davon. Außerdem müssen wir unsere Netzwerkarbeit weiter ausbauen. Wir müssen es schaffen, die Landessportbünde des DOSB, die Landes- und Fachverbände des DBS sowie die veranstaltenden Vereine und Behindertensportvereine noch besser zusammenzubringen“, betont Baumeister.
Übrigens
Das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung kann selbstverständlich auch außerhalb der Tour-Stopps beim heimischen Sportverein oder Sportabzeichentreff abgelegt werden. Regionale Angebote sind über die Bewegungslandkarte des DOSB zu finden. Das Angebot des Deutschen Sportabzeichens besteht für Menschen mit und ohne Behinderung ab sechs Jahren und kann einmal pro Kalenderjahr erworben werden.
Die aktuelle Sportabzeichen-Tour bietet dafür auch bereits positive Beispiele
So beim Tour-Stopp in Geesthacht in Schleswig-Holstein, als sich der Präsident des Rehabilitations- und Behinderten-Sportverbandes Schleswig-Holstein e. V. (RBSV) und DBS-Sportabzeichen-Beauftragte Wolfgang Tenhagen mit sieben Kindern aufmachte, um vor Ort das Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung zu absolvieren. „Wir wollen ja gerne gemeinsam mit Menschen mit und ohne Behinderung Sport treiben. Es gibt gerade bei den Kindern keine Berührungsängste, das funktioniert super.“ Auf die Frage angesprochen, welche Voraussetzungen für das Deutsche Sportabzeichen unter inklusiven Vorzeichen gegeben sein müssen, meint Tenhagen: „Das Allerwichtigste ist, dass wir Prüfer*innen haben, die unter den besonderen Bedingungen für Menschen mit Behinderung das Sportabzeichen abnehmen dürfen – und das klappt gerade in Schleswig-Holstein gut, weil wir ständig viele dieser Prüfer*innen ausbilden.” Eine Sache, die noch nicht flächendeckend in Deutschland funktioniert, wie Baumeister weiß: „Viele unserer Landesverbände, die für die Fortbildung der Prüfberechtigten zuständig sind, finden nicht ausreichend interessierte Personen.“ Dabei ist die Prüfberechtigung für Menschen mit Behinderung für alle Prüfer*innen des Deutschen Sportabzeichens mit einer Tagesfortbildung zu erlangen. Dafür sind keine weiteren Vorkenntnisse notwendig.
Weitere Informationen über das Sportabzeichen
DBS | Sportentwicklung | Deutsches Sportabzeichen für Menschen mit Behinderung (dbs-npc.de)
Text: Moritz Jonas / DBS, Ergänzungen DOSB, Anpassung DRS
Bildquelle: DBS