Jan Haller: Vom Kapitän zum Bundestrainer
14 Jahre kämpfte Rollstuhlbasketballer Jan Haller als Nationalspieler auf dem Feld, sieben davon als Kapitän und jubelte zum Abschluss über die Bronzemedaille bei den Paralympics in Paris. Künftig wird er das Team als Bundestrainer anführen. Der 37-Jährige folgt auf Michael Engel und wird den eingeschlagenen Weg mit seinen ehemaligen Mitspielern nun als Coach fortsetzen.
Als Nationalspieler erlebte Jan Haller vier Paralympics, drei Weltmeisterschaften und sieben Europameisterschaften, feierte 2010 seine Premiere bei der Rollstuhlbasketball-Nationalmannschaft der Herren und war ab 2017 Kapitän. Der Rücktritt erfolgte nach dem umjubelten Höhepunkt: der Gewinn der Bronzemedaille bei den Paralympics in Paris, der größte Erfolg seit 32 Jahren. Nach dem Saisonende in der Rollstuhlbasketball-Bundesliga und seinem letzten Spiel für Hannover United beginnt für Haller ein neues Kapitel. Und was für eines. Als Trainer-Neuling bekleidet er das höchste Traineramt im deutschen Rollstuhlbasketball.
„Ich bin mir darüber im Klaren, dass es eine mutige Entscheidung für beide Seiten ist – sowohl für den Deutschen Behindertensportverband als auch für mich. Es ist nicht selbstverständlich, dass man mir diese Aufgabe und diese Verantwortung anvertraut“, erklärt Jan Haller und fügt an: „Als Trainer bringe ich zwar einen Trainerschein mit, aber noch keine Erfahrung. Dafür habe ich als Spieler und Kapitän über viele Jahre auf allerhöchstem Level umso mehr Erfahrung gesammelt. Ich habe Respekt vor dieser großen Herausforderung, aber auch große Lust darauf.“
„Der Rollenwechsel wird wahrscheinlich der größte Spagat für das Team und für mich“
Die Mannschaft kennt Jan Haller zweifelsfrei sehr gut – und umgekehrt. Das ist Chance und Risiko zugleich. „Wahrscheinlich wird dieser Rollenwechsel der größte Spagat für das Team und für mich. Ich finde aber, dass es kein Nachteil ist, dass ich die Jungs in und auswendig kenne und Stallgeruch mitbringe. Wir haben viele Gespräche geführt und wollen den eingeschlagenen Weg und die entwickelte Spielidee fortsetzen“, betont Haller, der bereits als Kapitän eine besondere Rolle innerhalb der Mannschaft eingenommen hatte.
Ein Vorteil ist, dass Vorgänger Michael Engel, der den Job des Bundestrainers im Januar 2024 nach 13-jähriger Ära von Nicolai Zeltinger übernommen hatte, die Nationalmannschaft noch bis Ende Mai kommissarisch begleiten und für einen geordneten Übergang sorgen wird. „Ich bin mit Micha im ganz engen Austausch und ihm sehr dankbar dafür“, sagt Haller, der seine Tätigkeit offiziell am 1. Juni beginnen wird. Bereits zuvor wird er das erste Trainingscamp an Ostern in Ulm leiten, als Auftakt der Vorbereitung auf die Europameisterschaften im Oktober in Sarajevo (Bosnien-Herzegowina).
„Neben der EM, bei der wir uns für die Weltmeisterschaften 2026 in Kanada qualifizieren wollen, findet auch noch eine U23-WM statt. Mit dabei sind viele junge, spannende Spieler, die wir heranführen wollen. Die Nachwuchsarbeit liegt mir besonders am Herzen“, sagt Haller, der weiterhin vom langjährigen Co-Trainer Martin Kluck unterstützt wird. Das Trainerteam komplettiert nach der U23-WM Günther Mayer. „Beide bringen sehr viel Erfahrung mit und werden mir eine große Hilfe sein.“
Gemeinsam wollen sie mit der Mannschaft, die bereits über einen guten Mix aus talentierten und erfahrenen Spielern verfügt, die nächsten Entwicklungsschritte gehen und den Schwung von den erfolgreichsten Paralympics seit 32 Jahren mitnehmen. Jan Haller bereitet sich bereits akribisch auf seine künftige Tätigkeit vor – „vor allem auch mental, um den Rollenwechsel möglichst gut hinzubekommen“. Er wisse, dass er Zeit brauche, um sich in seiner neuen Funktion zu finden, er dürfe nicht zu früh zu viel wollen. „Ich war 2018 ein anderer Kapitän als 2024. Daher werde ich 2025 auch noch ein anderer Trainer sein als in ein paar Jahren. Wichtig ist, dass ich authentisch bleibe und mich nicht verstelle. Das würde mir in der Mannschaft eh niemand abkaufen“, sagt Jan Haller mit einem Augenzwinkern. Vom Kapitän zum Bundestrainer der Rollstuhlbasketball-Herren – ein mutiger Schritt und durchaus mit Potenzial. Alles weitere wird die Zukunft zeigen. Fest steht: Eine spannende Konstellation ist es allemal.
Foto: Steffie Wunderl / DBS