Es lohnt sich am Ball zu bleiben: Sozialamt muss Kosten für Sportrollstuhl übernehmen

Der DRS setzt sich seit Jahren dafür ein, dass nicht nur qualifizierende Rollstuhl- und Mobilitätstrainingskurse in den Leistungskatalog der Krankenkassen aufgenommen werden, sondern auch die Kostenübernahme von Sportrollstühlen. Solange das nicht der Fall ist, liegt es umso mehr in der Eigenverantwortung eines jeden Rollstuhlnutzers das Hilfsmittel Sportrollstuhl bei seinem jeweiligen Träger mit den richtigen Sachargumenten zu beantragen und im Falle eines ablehnenden Bescheides formgerecht Widerspruch einzulegen. Der DRS unterstützt hierbei seine Mitglieder indem er Ihnen eine kostenlose Erstberatung über sein Rechtsberatungsteam anbietet, um ggf. schon im Vorwege einen ablehnenden Bescheid zu vermeiden. Auch der Sozialverband VdK Deutschland e.V. bietet einen vergleichbaren Mitgliederservice an, er geht im Einzelfall sogar vor das Sozialgericht, so wie beim 27-jährigen Marcel Hauck:

Rollstuhlbasketball-Spieler und VdK Mitglied Marcel Hauck klagte mit Unterstützung des VdK Baden-Württemberg vor dem Sozialgericht Mannheim, um sich seinen Wunsch erfüllen zu können, im Verein Basketball zu spielen. Das Sozialamt der Stadt Heidelberg lehnte es ab, ihm einen Sportrollstuhl zu bezahlen. Vor Gericht bekam er jedoch Recht.

Der VdK berichtete hierzu wie folgt:

VdK-Mitglied Marcel Hauck kann es kaum abwarten, bald im Verein Basketball zu spielen. Um sich diesen Wunsch zu erfüllen, musste er mit Unterstützung des VdK Baden-­Württemberg vor dem Sozial­gericht Mannheim klagen. Denn das Sozialamt der Stadt Heidelberg lehnte es ab, ihm einen Sport­rollstuhl zu bezahlen. Vor Gericht bekam er jedoch Recht.

Marcel Hauck ist querschnittsgelähmt und macht eine Ausbildung zum Erzieher. „Die Kinder sind oft neugierig und sprechen mich auf meinen Rollstuhl an. So kommen wir schnell ins Gespräch“, erzählt er und lacht. In seiner Freizeit steht der Rollstuhl ihm allerdings eher im Weg, wenn er Kontakte knüpfen möchte. Seit einigen Jahren schon hegt Hauck den Wunsch, im Verein Basketball zu spielen. Neben dem Spaß am Sport reizt ihn die Geselligkeit im Verein. Sein Arzt verordnete ihm einen Sportrollstuhl.

Nachdem der 27-Jährige die ärztliche Verordnung bei der Techniker Krankenkasse eingereicht hatte, leitete diese den Antrag mit Haucks Schreiben weiter an das Sozialamt, das in diesem Fall zuständig war. Denn neben seiner Ausbildung bezog Hauck Arbeitslosengeld II. In seinem Antrag beschrieb er, dass der Alltagsrollstuhl für sportliche Aktivitäten nicht geeignet und zu instabil sei. Er sei beim Sport bereits mehrfach herausgefallen. Das Gesundheitsamt des Rhein-Neckar-Kreises bestätigte ihm zwischenzeitlich „eine wesentliche Behinderung“ als Zugangsvoraussetzung für die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung.

Nicht fit für den Sport?

Das Sozialamt lehnte Haucks Antrag allerdings ab. Im Rahmen der Hilfsmittelversorgung habe er bereits einen Rollstuhl erhalten, hieß es. Der vorhandene Rollstuhl sei für den Breitensport „geeignet und einsetzbar“. Für besonders intensive Sportarten bringe Hauck ohnehin nicht die körperliche Verfassung mit. Eine Begutachtung durch die Medizinischen Dienste habe unter anderem ergeben, dass er unter Asthma leide.
Hauck ließ sich daher von VdK-Juristin Pia Schömer beraten. Sie verfasste einen Widerspruch gegen die Ablehnung. Darin wies sie darauf hin, dass der vorhandene Rollstuhl nicht zuletzt wegen seiner scharfen Kanten ein Verletzungsrisiko darstellt. Außerdem machte sie deutlich, dass der Sport­rollstuhl die Teilnahme am Inklusions- und Freizeitsport ermöglichen soll.

Das Sozialamt blieb allerdings bei seiner Haltung und wies den Widerspruch zurück. Die Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung sei „auf eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung“ beschränkt, sie umfasse keine „Optimalversorgung“.

Eingliederungshilfe

Daraufhin reichte der VdK Klage beim Sozialgericht Mannheim ein. Schömer ging in der Klageschrift darauf ein, dass ein Sportrollstuhl Hauck die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Regelmäßiger Sport im Verein könne einer Depression entgegenwirken, die das VdK-Mitglied entwickelt habe. „Es liegt ganz klar eine Aufgabe der Eingliederungshilfe vor.“ Ein medizinisches Gutachten kam zu dem Ergebnis, dass „aus ärztlicher Sicht nichts gegen eine intensivere sportliche Betätigung“ des Klägers spricht. Schließlich entschied das Sozialgericht, dass das Sozialamt der Stadt ­Heidelberg Hauck mit einem Sport­rollstuhl versorgen muss.

Für VdK-Juristin Schömer hat das Urteil Signalwirkung. „Die Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim hat vielen Menschen mit Behinderung Mut gemacht, dass es sich lohnt, nicht nur für die Versorgung der Grundbedürfnisse, sondern auch für die gleichberechtigte Teilhabe zu kämpfen.“
Überglücklich sei er, sagt Marcel Hauck gegenüber der VdK-­ZEITUNG, bald in seinem Sportrollstuhl am Vereinstraining teilnehmen zu können und auf Korbjagd zu gehen. Für ihn sei ein Herzenswunsch in Erfüllung gegangen.

Text: Jörg Ciszewski / VdK.de
Teaser: DRS