„Individuell sehr starke Rennen“

20 Grad, wenig Sonne gepaart mit Nieselregen und nur leichtem Wind: Am Freitag herrschten ideale Bedingungen für die deutschen Para Kanuten im Sea Forest Waterway von Tokio. Am zweiten Wettkampftag standen für Katharina Bauernschmidt, Tom Kierey und Ivo Kilian die Halbfinals an. Während sich Bauernschmidt und Kierey souverän für ihren Endlauf qualifizieren konnten, ging es für Kilian ins B-Finale. Bundestrainer André Brendel sah „individuell sehr starke Rennen“ seiner Schützlinge.

Tom Kierey machte seinen Finalplatz als Dritter in seinem Halbfinale klar, benötigte 41,637 Sekunden für die 200 Meter im Kajak (KL3). Brendel sah einen „spritzigen Start“ und eine hohe Frequenz beim Athleten des Berliner Kanu Club Borussia. Auf den letzten 30 Metern nahm der 26 Jahre alte Berliner jedoch etwas das Tempo heraus, sein herausgefahrener Vorsprung auf Platz vier war groß genug. Im Finale, das keine eineinhalb Stunden später schon über die Bühne ging, war der Silbermedaillengewinner von Rio de Janeiro einen Tick langsamer und lief nach 42,155 Sekunden ein. Damit wurde Kierey am Ende Sechster. „Mit dem Rennen bin ich sehr zufrieden, mehr war nicht drin. Klar wäre es schön gewesen, wenn ein, zwei Jungs gepatzt hätten“, sagte der Weltmeister von 2013 und 2016. „Aber wir Athleten wollen hier alles geben und heute waren eben die anderen besser“, sagte der faire Sportsmann, der bei der Medaillenzeremonie Spalier stand und seinen Kontrahenten energisch zuklatschte. „Der sechste Platz ist das beste Ergebnis meiner Saison, der Abstand nach vorne ist kleiner geworden – wir haben also vieles richtig gemacht“, sagte Kierey, dem eine knappe Sekunde zu Robert Oliver auf dem Bronze-Rang fehlte.

Bei Kierey überwog aber ganz klar die Freude: „Ich nehme die Überzeugung mit, dass wir uns von Covid nicht aufhalten lassen: Wir zeigen hier trotzdem Bestleistungen. Leute aus allen Ländern mit den verschiedensten Einschränkungen sind hier angereist, haben trainiert so gut es ging, um den Olympischen und vor allem den paralympischen Gedanken hochzuhalten.“ Am Samstag hat der Bootsbauer zudem Geburtstag, wird 27 Jahre alt. „Ich bin es in den letzten Jahren gewohnt, im Ausland zu feiern. Wir haben morgen hoffentlich noch mehr zu feiern“, sagte Kierey. Und zwar nicht nur seinen Ehrentag, sondern vielleicht auch Edelmetall durch Edina Müller, die am Sonntag um 10:48 Uhr (3:48 Uhr in Deutschland) um Medaillen kämpft. „Wir suchen uns schon unsere Gründe um es ordentlich krachen zu lassen“, versicherte Kierey mit einem Lächeln im Gesicht.

„Nicht nur Medaillen zählen“

1:02,601 Minuten benötigte Katharina Bauernschmidt in ihrem Halbfinale im Va‘a (VL2) und zog damit als Zweite in den Endlauf ein. „Katharina ist am Start zwar nicht so gut weggekommen und ist, wie abgesprochen, heute etwas länger gefahren“, analysierte Bundestrainer Brendel. Statt wie sonst mit 90 Schlägen habe Bauernschmidt das Halbfinale mit circa 85 Schlägen gefahren. „Das war ein sehr zufriedenstellendes Rennen und der erhoffte Finaleinzug“, sagte Brendel. Im Endlauf kam die 31 Jahre alte Athletin vom WSV Niederrhein Duisburg als Sechste ins Ziel und brauchte 1:04,023 Minuten im Sea Water Forest Waterway. „Das war insgesamt ein sehr enges und spannendes Rennen. Katharina ist hier eine gute Zeit gefahren, auch wenn sie im Mittelteil etwas abreißen lassen musste“, sagte der Bundestrainer. Es sei ein „guter sechster Platz“, auch wenn knapp zwei Sekunden auf die Britin Jeanette Chippington fehlten. „Es zählen nicht nur Medaillen“, sagte Brendel.

Ivo Kilian konnte sich nicht für das Finale im Kajak (KL2) qualifizieren und startete deshalb im B-Finale. Dort konnte er jedoch mit der starken Konkurrenz, die eine höhere Frequenz fahren konnte, ebenfalls nicht mithalten und schloss seine Wettkämpfe als Dreizehnter ab. „Ivo ist heute zwei Sekunden schneller als gestern gefahren. Das waren sehr starke Rennen von ihm“, sagte Brendel. Dass der nachnominierte Kilian, der erst am vergangenen Sonntag zum deutschen Team stieß, weil das chinesische Para Kanu-Team auf einen Startplatz verzichtete, war zu erwarten: Der 44 Jahre alte Kanute vom Halleschen Kanu-Club 54 hatte nicht an den Vorbereitungsmaßnahmen des deutschen Teams teilgenommen und sich zuhause zudem auf einen ganz anderen Wettbewerb vorbereitet: Die Weltmeisterschaften in zwei Wochen. „Es ist unheimlich schwer, seine Bestleistungen dann viel früher bereits abzurufen“, sagte Brendel.

Neben Edina Müller, die bereits direkt für ihr Finale qualifiziert ist, kämpfen Die beiden Paralympics-Debütantinnen Anja Adler (Kajak, KL2, 9:44 Uhr/2:44 Uhr) und Felicia Laberer (Kajak, KL3, 10:12 Uhr) am Samstag um ihr erstes paralympisches Finale.

>>> zur offiziellen Webseite der Spiele: Paralympic.org/Tokyo-2020
>>> zu den deutschen Athleten*innen: TeamDeutschland-Paralympics.de
>>> der DBS hat alle wichtigen Infos rund um die Spiele zusammengetragen: DBS-NPC.de/20-plus-1-fakten-zu-den-paralympics

https://drs.org/wp-content/uploads/2021/08/paralympics_banner_915_410-610x273.jpg

Textquelle: Patrick Dirrigl / veröffentlicht auf DBS-NPC.de
Foto: © Florian Schwarzbach / DBS