Inklusive Sportangebote und gleicher Zugang sind nicht die Regel

#ZusammenUnschlagbar – das ist das Motto der diesjährigen Special Olympics World Games. Sie finden im Juni in Berlin statt – und damit erstmals in Deutschland. Tausende Athletinnen und Athleten mit geistiger und mehrfacher Behinderung werden miteinander in 26 Sportarten antreten. Ausgerichtet werden die Spiele von Special Olympics Deutschland (SOD) über ein lokales Organisationskomitee. Die Berufsgenossenschaft für Gesundheitsdienst und Wohlfahrtspflege (BGW) kooperiert seit 2021 mit SOD. Über das Engagement für inklusiven Sport sprach DGUV Kompakt mit Jörg Schudmann, Hauptgeschäftsführer der BGW.

Herr Schudmann, die BGW hat 2021 eine Kooperation mit Special Olympics Deutschland geschlossen. Aus welchen Beweggründen?

Inklusion in der Arbeitswelt zu unterstützen ist schon seit einigen Jahren ein wichtiges Thema für die BGW. Zum einen, weil wir den gesetzlichen Auftrag haben, Versicherte nach einem schweren Arbeitsunfall oder einer Berufskrankheit zu rehabilitieren und ihnen den Weg zurück ins berufliche und soziale Leben zu ebnen.

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Zum anderen sind viele Menschen mit Behinderung in Werkstätten und anderen Einrichtungen der Wohlfahrtspflege tätig und bei der BGW versichert. Deshalb möchten wir zur Verwirklichung von Inklusion beitragen – damit alle Menschen ganz selbstverständlich teilhaben können. Sport eignet sich dafür wie kaum eine andere Aktivität. Für den Behindertensport engagiert sich die BGW schon lange. Durch die Kooperation mit SOD weiten wir dieses Engagement auf Menschen mit geistiger und mehrfacher Behinderung aus.

Was hat Sport mit gesunder und sicherer Arbeit zu tun?

Sport ist förderlich für die individuelle Gesundheit und unterstützt auch Sicherheit und Gesundheit im Betrieb. Besonders Menschen mit geistiger Behinderung profitieren von sportlicher Aktivierung. Beim Sport erleben sie Selbstwirksamkeit und entwickeln Vertrauen in ihre eigenen Fähigkeiten. Verbessertes Körpergefühl, mehr Konzentration und Aufmerksamkeit tragen auch dazu bei, Unfälle zu verringern. So leistet Sport einen Beitrag zur Prävention. Aus diesem Grund sind in der Kooperation zwischen SOD und BGW auch Maßnahmen vereinbart, die Sicherheit und Gesundheit in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung fördern und Einrichtungsleitungen für diese Zusammenhänge sensibilisieren. Außerdem spielt Sport natürlich eine wichtige Rolle beim Reha-Prozess.

Die Kooperation mit SOD beinhaltet auch ein gemeinsames Forschungsvorhaben zum Thema inklusiver Sport in Deutschland. Wie gleichberechtigt können Menschen mit Behinderung Sport machen?

Die Studie ist ein erster Schritt, um die aktuelle Situation zu erfassen. Das Forschungsvorhaben ist noch nicht vollständig abgeschlossen, aber wir haben im letzten Winter einen Zwischenstand bekanntgegeben. Die gute Nachricht: In 29 von 30 untersuchten Sportarten gibt es mindestens ein Angebot für Menschen mit Behinderung und das nicht nur bei Verbänden, die ausschließlich auf Behindertensport ausgerichtet sind. Das Thema ist also in der Sportwelt angekommen. Allerdings finden sich Angebote, die sich ausschließlich an Menschen mit Behinderung richten, häufiger als inklusive Angebote, bei denen Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Sport treiben. Wer behindert ist und Sport treiben möchte, ist in den Teilhabe- und Wahlmöglichkeiten nach wie vor eingeschränkt. Etwa zeitgleich mit den Special Olympics World Games wird ein erster umfassender Bericht zur Studie von der BGW veröffentlicht werden.

Wie wird sich die BGW bei den Special Olympics World Games vor Ort einbringen?

Wie schon im Sommer 2022 bei den Nationalen Sommerspielen von Special Olympics begleitet die BGW im Rahmen ihrer Kooperation mit SOD in 2023 auch dieses große inklusive Sportevent als Förderin. Täglich werden Studierende und Nachwuchskräfte der BGW als sogenannte Corporate Volunteers vor Ort tatkräftig unterstützen und ihre Eindrücke danach in die BGW tragen. Es wird einen begleitenden Auftritt der BGW auf dem Special-Olympics-Festival im Sommergarten der Messe Berlin geben. Wir platzieren dort das Thema „Inklusives Klettern“ mit dem BGW-Kletterturm und werden die diesjährigen Preisträger beziehungsweise Preisträgerinnen unseres gemeinsamen Kunstwettbewerbs mit dem PARITÄTISCHEN Hessen küren. Zudem wird die Wanderausstellung des BGW-Fotowettbewerbs „Mensch – Arbeit – Handicap“ während der gesamten Veranstaltungsdauer am Neptunbrunnen auf dem Alexanderplatz zu sehen sein.

Worauf freuen Sie sich persönlich besonders?

Auf gelebte Inklusion. Bei Events wie diesem kommt Inklusion so selbstverständlich daher, wie es im Alltag ebenfalls sein sollte. Es begeistert mich jedes Mal aufs Neue, wie Sport Menschen verbindet. Und die Leistungen – aber auch die Emotionen – der Athletinnen und Athleten sind eindrucksvoll. Die Special Olympics World Games sind die weltweit größte inklusive Sportveranstaltung und sie finden das erste Mal in Deutschland statt – das wird ein wirklich bereicherndes Erlebnis.

>>> weitere Informationen zur Kooperation für Inklusion: Special Olympics Deutschland

9 Tage voller Sport und Emotionen

Die 16. Special Olympics World Games finden vom 17. bis 25. Juni 2023 in Berlin statt. Zu diesem Anlass geben DGUV, BGW und SOD gemeinsam mit dem Tagesspiegel die Special Olympics Zeitung in Print und Digital heraus. Berichtet wird über die Geschichte der Special Olympics, über die Werte des Behindertensports sowie über gesellschaftliche Teilhabe und die Förderung von Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit.

>>> Berlin2023.org

Text: DGUV Kompakt – Ausgabe 3 / 2023
Titel-Foto „Bereit für die Special Olympics World Games in Berlin – das TeamSOD Handball der Frauen bei einem Sportvorbereitungslehrgang in Herzogenaurach bei Erlangen.“: © SOD / Michael Romacker
Portrait-Foto „Hauptgeschäftsführer der BGW Jörg Schudmann“: © BGW / Jan Haeselich