Andrea Eskau und Annika Zeyen sind Vize-Weltmeisterinnen
Die schottische Stadt Dumfries hat sich bereits am ersten Tag der Straßen-Wettbewerbe (9. bis 13. August) bei der Para Radsport-WM als gutes Pflaster für die deutschen Athletinnen und Athleten erwiesen. Vier Medaillen hat das deutsche Team zum Auftakt geholt. Handbikerin Annika Zeyen (H3) gewann die Silbermedaille im Zeitfahren. Andrea Eskau (H5) durfte sich bei ihrem Comeback auf der internationalen Bühne ebenfalls über Silber und damit den Vize-Weltmeistertitel freuen. Eine Schrecksekunde gab es allerdings.
Ein Wechselbad der Gefühle erlebte Eskau (52 / Apolda / USC Magdeburg) hinter der Ziellinie. Der Anzeigetafel war deutlich zu entnehmen, dass die Handbikerin das Zeitfahren als zweitschnellste Fahrerin beendet hatte und damit Vize-Weltmeisterin ist. Unklarheit aber kam auf, weil sie laut Schiedsrichter eine Sekunde zu früh gestartet sei. Bei einer Disqualifikation wäre die Silbermedaille passé gewesen, obwohl Eskau auf den 17 Kilometern (30:17 Minuten) rund eine Minute schneller war als die Drittplatzierte. Minuten der Unsicherheit vergingen. Dann aber die Erlösung: Der vermeintliche Fehlstart ließ sich nicht nachweisen. Die Freude bei der routinierten 52-Jährigen war groß, denn Eskau hatte im vergangenen Jahr einige Monate verletzt pausieren müssen und dadurch auch die Para Radsport-WM 2022 in Kanada verpasst. Sie meldet sich in Topform und mit dem richtigen Erfolgsrezept zurück: „Normalerweise bin ich ein Hitzkopf und gehe es beim Zeitfahren zu schnell an. Diesmal habe ich am Anfang nicht überzogen, so hatte ich am Schluss noch Körner“, sagte Eskau. „Es ist ein schönes Gefühl, wieder mit dem Handbike bei einer WM zu sein.“ Für das Straßenrennen hat sie sich auch einiges vorgenommen. Sie wolle von Anfang an Tempo machen. „Die Straße ist nicht besonders breit, ich will es nicht auf einen Zielsprint ankommen lassen.“
Für Gesamtweltcupsiegerin Annika Zeyen (38 / Hennef / SSF Bonn) hat die WM ebenfalls sehr gut begonnen. Zwar war die spätere Siegerin Lauren Parker (Australien) mit einer bärenstarken Zeit von 29:59 Minuten nicht zu schlagen, doch Zeyen biss sich durch die anspruchsvolle Strecke – und erkämpfte letztlich, nur drei Sekunden vor der Französin Anais Vincent, den zweiten Platz. Eskau und Zeyen strahlten bei der Siegerehrung jeweils mit Silbermedaillen behängt um die Wette.
Bei den Männern lief es in der H3-Klasse nicht wie erhofft. Gesamtweltcupsieger Vico Merklein und Johannes Herter hatten einen gebrauchten Tag erwischt. Sie belegten im Zeitfahren die Plätze 16 und 17. Mehr als zwei Minuten Rückstand hatten beide nach 17 Kilometern auf den niederländischen Sieger Mark Mekenkamp (26:09 Minuten).
Bereits am Vormittag hatte Dreiradfahrer Maximilian Jäger (23 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus) für einen goldenen Moment gesorgt. Er hatte die 10,8 Kilometer lange Strecke als Schnellster der T2-Klasse absolviert und darf sich nun erstmals Zeitfahr-Weltmeister nennen. „Ich kann es noch nicht so richtig glauben“, sagte der 23-Jährige, der im Vorjahr noch Vize-Weltmeister hinter seinem Dauerrivalen Tim Celen aus Belgien wurde. Auch bei den Frauen lief es richtig gut. Angelika Dreock-Käser kürte sich kurz nach dem Rennen der Männer zur Vize-Weltmeisterin der T2-Klasse. Ihre Teamkollegin Jana Majunke überzeugte mit Platz vier.
Nach dem achten von insgesamt zwölf Wettkampftagen auf der Bahn und der Straße bei den Para Radsport-Weltmeisterschaften in Glasgow und Dumfries hat das deutsche Team von Bundestrainer Gregor Lang bisher zweimal Gold, fünfmal Silber und zweimal Bronze auf dem Medaillenkonto. Weitere Highlights am Donnerstag sind die Zeitfahr-Wettbewerbe der Zweirad-Klassen.
Der deutsche Kader für die Para Radsport-WM
Straße:
Kerstin Brachtendorf (51 / Mending / BRSV Cottbus), Julia Dierkesmann (56 / Merzhausen / GC Nendorf), Angelika Dreock-Käser (47 / Bremervörde / BPRSV Cottbus), Andrea Eskau (52 / Apolda / USC Magdeburg), Maike Hausberger (28 / Trier / BPRSV Cottbus), Johannes Herter (39 / Lemgo / RSV Tempoliema), Maximilian Jäger (23 / Bad Kissingen /BPRSV Cottbus), Vanessa Laws (19 / Ludwigsfelde / BPRSV Cottbus), Jana Majunke (32 / Cottbus / BPRSV Cottbus), Vico Merklein (45 / Berlin / GC Nendorf), Thomas Schäfer (42 / Wernigerode / BPRSV Cottbus), Manuel Scheichl (41 / Rottenmünster / BVS München), Matthias Schindler (41 / Regensburg / RV Union 1886 Nürnberg), Pierre Senska (35 / Berlin / BPRSV Cottbus), Michael Teuber (55 / Tegernsee / BSV München), Steffen Warias (38 / Allschwil / BSV München), Annika Zeyen (38 / Hennef / SSF Bonn)
>>> zu den deutschen Athleten*innen: TeamDeutschland-Paralympics.de/Para-Radsport
>>> zum Handbike-Fahren beim DRS: Rollstuhlsport.de/Handbike
>>> zur offiziellen Website: CyclingWorldChamps.com
Text: Jessica Balleer / DBS
Fotos Andrea Eskau (Titel) + Annika Zeyen (Siegerehrung): © Oliver Kremer / sports.pixolli.com