Michael Engel hört auf

Im Dezember 2023 startete Michael Engel als Bundestrainer der Rollstuhlbasketball-Herren seine Mission, führte die Mannschaft im Qualifikationsturnier erst zu den Spielen in Paris und dort zur ersten Paralympics-Medaille seit 32 Jahren. Ende November tritt Engel auf eigenen Wunsch nach einem erfolgreichen Jahr als Bundestrainer ab.

„Diese Entscheidung war die schwerste, die ich in meinem bisherigen Leben treffen musste. Denn auf diesem Level mit so vielen großartigen Menschen zusammenarbeiten zu dürfen, ist ein absolutes Geschenk“, sagt Engel. Die Beweggründe für seinen Entschluss: „Ich bin ‚All in‘ gegangen, das hat die Aufgabe verlangt und das habe ich von mir selbst tagtäglich erwartet. Das ging allerdings zulasten der anderen Bereiche meines Lebens, die mir auch sehr wichtig sind. Es ist daher eine Entscheidung für die anderen Herzens-Themen und nicht gegen die Nationalmannschaft.“

Dabei passte die Konstellation offensichtlich hervorragend. Engel folgte auf Nicolai Zeltinger, der zuvor stolze 13 Jahre die Position des Bundestrainers besetzte und ein gutes Grundgerüst hinterließ. Beim Qualifikationsturnier für die Paralympics in Frankreich gewannen die deutschen Rollstuhlbasketballer das Entscheidungsspiel gegen Angstgegner Iran souverän und sicherten sich damit die Teilnahme an den Spielen. Das „Dabei sein“ war diesmal freilich deutlich schwieriger, da in Paris nur noch acht Teams dabei waren und nicht mehr zwölf wie noch bei den vergangenen Spielen. Die Ziele für die Paralympics wurden klar formuliert: Deutschland wollte das fitteste Team mit der besten Abwehr sein. Das erforderte harte Arbeit, nicht nur bei einem dreiwöchigen Höhentrainingslager im italienischen Livigno. Und der Fleiß zahlte sich aus: Nach wechselhafter Gruppenphase besiegte das Team den Viertelfinal-Fluch gegen Spanien – gegen diesen Gegner war zuvor in Tokio und in Rio jeweils in der Runde der letzten Acht noch Endstation.

Im Spiel um Bronze – das Halbfinale verlor Deutschland gegen Großbritannien – zahlte sich auch die Fitness aus. Nachdem Kanada zur Halbzeit führte, drehte die Engel-Auswahl die Partie und jubelte ausgelassen über Platz drei und ein historisches Ergebnis. Schließlich war es der größte Erfolg seit 32 Jahren: 1992 gewannen die Rollstuhlbasketball-Herren in Barcelona Silber. „1992… Da erinnere ich mich an Heike Drechsler, an Michael Jordan. Damals fing meine Basketball-Leidenschaft an. Der Gewinn der Bronzemedaille ist ein ganz, ganz besonderer Moment, den man nicht beschreiben kann“, sagte Bundestrainer Michael Engel nach dem Triumph in Paris. Mit seiner Energie und seinen Emotionen hatte er seinen Spielern förmlich Flügel verliehen, sie über sich hinauswachsen lassen.

Nun hört Engel Ende November als Bundestrainer auf. Der Sportart Rollstuhlbasketball wird der 40-Jährige jedoch nicht den Rücken kehren. Engel: „Nach Abschied ist mir noch lange nicht zu Mute, denn auf der einen Seite möchte ich einen geordneten Übergang für die Nachfolge gewährleisten. Und auf der anderen Seite steht für mich außer Frage, dass ich auch in Zukunft den deutschen Rollstuhlbasketball mit meiner Passion für die Nachwuchsarbeit und den Leistungssport unterstützen möchte.“ Damit beginnt auch die Suche nach einer Nachfolge für die nächste Mission: Los Angeles 2028.

 

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Text:  DBS
Foto: © Steffie Wunderl / DBS