Martin Fleig sagt tschüss – Anja Wicker wird Vierte

Der Paralympics-Champion von 2018 gibt nach dem Biathlon-Einzelrennen (12,5 Kilometer) von Peking sein Karriereende bekannt. Zum Abschluss läuft bei ihm wenig zusammen. Acht Schießfehler und Strafminuten werfen ihn auf Rang 16 bei den Männern sitzend zurück. Linn Kazmaier (SZ Römerstein) und Leonie Walter (SC St. Peter) tüten die nächsten deutschen Medaillen ein, Anja Wicker (MTV Stuttgart) und Johanna Recktenwald (Biathlon Team Saarland) werden Vierte.

Die Ratlosigkeit war groß bei Martin Fleig (Ring der Körperbehinderten Freiburg). Wie seine acht Schießfehler am Freitagvormittag (Ortszeit) im Zhangjiakou National Biathlon Centre zustande gekommen waren, vermochte der 32-Jährige nicht zu sagen. „Vielleicht lag es daran, dass ich zu sehr am Limit war, weil ich mich auf der Strecke wirklich sehr anstrengen musste“, berichtete er. „Für mich hat es sich so angefühlt, dass viele der Scheiben hätten fallen müssen.“ Das wolle er mit dem deutschen Biathlon-Trainer Rolf Nuber besprechen

Es wird, so viel ist sicher, die letzte Analyse gewesen sein. Denn direkt im Anschluss an sein Rennfazit zum Rennen über 12,5 Kilometer gab Martin Fleig bekannt, seine Laufbahn nach Peking zu beenden. Es war nicht etwa eine Kurzschlussreaktion infolge der Enttäuschung. Fleig wirkte im Gegenteil sehr aufgeräumt, völlig mit sich im Reinen. Die Entscheidung habe er bereits vor dem Abflug getroffen. Und mit mehr Leuten er darüber gesprochen habe, desto sicherer sei er sich gewesen, dass es die richtige ist. „Ich hatte eine Karriere mit vielen großen Höhen und bin unendlich dankbar, dass es hier noch einmal zu einer Medaille gereicht hat“, sagte der mehrfache Weltmeister, der jetzt vor allem mehr Zeit für seine Familie – seine Frau Stefanie und Dackel Douglas – haben will. „Mich haben unzählige Menschen begleitet in den vergangenen Jahren. Wenn ich jetzt anfange, alle aufzuzählen, stehe ich morgen noch hier.“ Ein letztes Mal bei einem Rennen in die Loipe gehen wird Fleig am Sonntag in der Staffel.

Anja Wicker beendete bei den Frauen sitzend ihr Rennen als Vierte in 44:43.3 Minuten.

Viermal blieb sie null, doch weil die Konkurrenz vor ihr es ihr gleich tat wie im Falle von Kendall Gretsch (USA, Silber in 42:23.7 Minuten) und Yilin Shan (China, Bronze in 42:36.6 Minuten) oder wie im Falle von Oksana Masters (USA, Gold in 42:17.9 Minuten) sich aufgrund ihrer läuferischen Dominanz selbst einen Fehler leisten konnte, war für die 30-Jährige vom MTV Stuttgart nicht mehr drin. „Ich habe alles getan. Die anderen heute auch. Von daher bin ich zufrieden.“

Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung holten die beiden deutschen Youngsters Linn Kazmaier (15, Silber in 50:23.2 Minuten, mit Guide Florian Baumann) und Leonie Walter (18, Bronze in 52:27.6 Minuten, mit Guide Pirmin Strecker) ihre jeweils vierte Medaille bei den Paralympics 2022 – beide mit Nerven wie Drahtseile und ohne Fehler am Schießstand. Kazmaier und Baumann schrammten sogar nur 3,6 Sekunden an Gold vorbei, das sich Oksana Shyshkova (Ukraine, ebenfalls ohne Schießfehler) schnappte.

„Vielleicht ganz kurz“, habe sie sich geärgert, dass es so knapp war, ließ Kazmaier später durchblicken. „Aber ich habe mir heute nichts vorzuwerfen. Wir haben ein Superrennen geliefert.“ Leonie Walter war nach ihrem fünften Start im fünften möglichen Rennen die Müdigkeit anzumerken. „Es war anstrengend wegen des tiefen Schnees“, verriet sie. Genug hat sie trotzdem noch nicht. „Ich will hier weiter Vollgas geben.“ Der Bundestrainer Ralf Rombach wird das gern hören. In der Staffel könnte Leonie Walter eine wichtige Rolle zukommen

Johanna Recktenwald leistete sich in ihrem Biathlon-Einzelrennen zwar vier Schießfehler, überzeugte aber auf der Strecke. „Ich habe mich gut gefühlt und konnte zum ersten Mal auf der letzten Runde noch mal Gas geben.“ Am Samstag im Langlauf über die zehn Kilometer in der freien Technik sind Johanna Recktenwald und ihr Guide Valentin Haag wieder am Start, genau wie Linn Kazmaier und Florian Baumann bzw. Alexander Ehler (SV Kirchzarten) bei den Männern stehend über 12,5 Kilometer. Alle anderen Deutscher schonen sich für einen eventuellen Einsatz in den abschließenden Staffel-Rennen am Sonntag.

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Text: Benjamin Schieler / DBS-NPC.de
Foto „Marco Maier“: © Mika Volkmann / DBS