Aufstiegsziel und Paralympics-Traum
Die deutsche Rollstuhlcurling-Nationalmannschaft hat ein klares Ziel: den Aufstieg in die A-Gruppe und somit die Chance auf eine Qualifikation für die Paralympischen Winterspiele 2026 in Italien. Die Rollstuhlcurling B-WM findet vom 5. bis 10. November im finnischen Lohja statt. Insgesamt zwölf Mannschaften kämpfen um den Aufstieg und gute Platzierungen. Das vierköpfige Nationalteam von Cheftrainer Helmar Erlewein hat sich möglichst effektiv vorbereitet, jetzt heißt es, die Top-Leistung aufs Eis zu bringen.
Nachdem der Aufstieg im vergangenen Jahr knapp verpasst wurde, soll es dieses Mal anders laufen. Die kurze Vorbereitung wurde mit einem Turniersieg in Wetzikon (Schweiz) und einem Abschlusslehrgang, indem nochmal eine gezielte Vorbereitung auf die Konkurrenz sowie Technik und Taktik im Fokus standen, abgeschlossen. „Die knappe Vorbereitungszeit ist zwar nicht optimal, doch wir müssen das Beste daraus machen“, betont Cheftrainer Erlewein.
Auch die ungewöhnliche Änderung des Spielplans wirbelte die Vorbereitungspläne durcheinander. Die Türkei, die Dominikanische Republik sowie die Slowakei, die erst in diesem Jahr abgestiegen ist, sind von der B-WM kurzfristig abgesprungen. Dadurch wurden die Gruppen neu gemischt. „Wir mussten uns nochmal komplett umstellen und uns auf die neuen Gegner einstellen. Generell ist die Leistung der anderen Teams aber schwierig einzuschätzen, da in den vergangenen beiden Jahren wenige Turniere ausgetragen wurden und wir viele Konkurrenten zuletzt in 2021 spielen gesehen haben“, erklärt Erlewein, fügt allerdings kämpferisch an: „Das Ziel ist ganz klar der Aufstieg, um überhaupt die Chance auf eine Teilnahme an den Paralympics 2026 zu haben. Umso eher wir bei der A-WM mitspielen, desto besser.“ Denn das deutsche Team hat drei Jahre Zeit, um die notwendigen Qualifikationspunkte für die Spiele zu erreichen. Diese werden jedoch nur bei der A-WM vergeben, so dass Deutschlands Rollstuhlcurler*innen unbedingt den Aufstieg packen wollen.
In der Gruppenphase des Turniers trifft das deutsche Team auf Tschechien, Dänemark, Estland, Ungarn und Kasachstan. „Die Mannschaften aus Estland und Tschechien sehe ich als starke Gegner. Bei den Ungarn muss man abwarten, ob sie im Team genauso stark auftreten wie im Duo“, schätzt Erlewein die gegnerische Konkurrenz ein. „Wir müssen unabhängig vom Gegner sowieso unsere Leistung abrufen.“ Nach den fünf Gruppenspielen sind drei weitere Partien möglich. Die Gruppenersten ziehen direkt ins Halbfinale ein, die Zweitplatzierten spielen überkreuz gegen die Drittplatzierten der anderen Gruppe. Die Sieger aus diesen Spielen stehen dann ebenfalls im Halbfinale. Für die Verlierer der Halbfinal-Duelle geht’s um Bronze, die beiden Sieger kämpfen im Finale um den Titel. Über den ebenso begehrten Aufstieg in die A-Gruppe dürfen die drei besten Nationen in Lohja jubeln.
Die Rollstuhlcurling A-WM im Team wird voraussichtlich parallel zur Mixed-Double-WM im März 2023 in Kanada stattfinden. Im Gegensatz zur Team-WM steckt die Mixed-Double-WM noch in den Kinderschuhen. Diese feierte in diesem Jahr ihre Premiere. Ein weiterer Unterschied zum Rollstuhlcurling im Team besteht darin, dass das Mixed-Double noch nicht paralympisch ist. Die Entscheidung, ob es die Sportart 2026 ins paralympische Programm schafft, wird erst Ende März 2023 getroffen. Die vermutlich gleichzeitige Ausrichtung der beiden Weltmeisterschaften in Kanada bereiten Cheftrainer Erlewein Sorgenfalten: „Die Doppelbelastung für die Sportlerinnen und Sportler, die sowohl im Team als auch im Mixed-Double spielen werden, ist hierbei wahnsinnig hoch. Wir haben keine Ahnung wie der Spielplan aussehen wird und wie viele Teams tatsächlich bei der Mixed-Double-WM starten dürfen.“
Doch jetzt sei es laut Erlewein entscheidend, den vollen Fokus auf die richtungweisende B-WM zu legen. Denn hier muss das deutsche Team seine Leistung abrufen und kann mit dem Aufstieg den ersten Schritt in Richtung Paralympics 2026 gehen.
>>> mehr auf: www.worldcurling.org/events/wwhbcc2022
Das deutsche Nationalteam für die B-WM
Christoph Gemmer (51 / Wiesbaden / Eintracht Frankfurt), Heike Melchior (55 / Frankfurt a. M. / Eintracht Frankfurt), Burkhard Möller (55 / Mannheim / CC Schwenningen), Christiane Putzich (46 / Hofgeismar / CCF Füssen)
Text: Jonas Kemna
Foto: © Ralf Kuckuck / DBS