Die Vorzeigeathletin ist noch da

Sechs Sportlerinnen und fünf Sportler plus vier Guides vertreten Deutschland bei den Para Ski nordisch-Weltmeisterschaften in Östersund (Schweden). Gleich im ersten Rennen am Samstag könnte es Medaillen geben. Eine Rückkehrerin mit glanzvoller Vergangenheit will vor allem genießen: Andrea Eskau.

Zwölf Hände bräuchte es, um sämtliche Medaillen an den Fingern abzuzählen, die Andrea Eskau zwischen 2006 und 2019 bei Para Weltmeisterschaften und Paralympics im Para Skilanglauf, Para Biathlon und im Handbike errungen hat. Die 51-Jährige ist eine Vorzeigeathletin. In den vergangenen Jahren aber zwangen gesundheitliche Probleme die eigentlich Nimmermüde vom USC Magdeburg häufig zu Pausen. Einfach so aufzuhören, einfach so von der sportlichen Bühne zu verschwinden, ist freilich nicht ihr Ding.

Für die anstehende WM im tief verschneiten Jämtland sind die Erwartungen fürs Erste gering – zu kurz war die Vorbereitung, zu lang ist das letzte Messen mit der Weltelite in einem Langlauf-Rennen her, im Januar 2020 in Dresden war das. Doch die jüngsten Trainingserfahrungen stimmen positiv, Andrea Eskau strahlt Vorfreude aus. „Sie hat es sich verdient, hier dabei zu sein“, sagt der Bundestrainer Ralf Rombach.

Trotz des verletzungsbedingten Ausfallens von Oksana Masters (USA), in der jüngeren Vergangenheit die dominierende Frau im Sitzschlitten, wird es für Andrea Eskau auch nach ihrer eigenen Einschätzung aller Voraussicht nach nicht für eine Spitzenplatzierung reichen. Gleiches gilt für die 18-jährige Merle Menje vom StTV Singen. Die dritte Deutsche bei den Frauen sitzend hingegen, Anja Wicker (MTV Stuttgart), dürfte sich mit der zweiten US-Amerikanerin Kendall Gretsch heiße Duelle liefern.

Weltcup-Triumphe schüren Hoffnungen

Im Biathlon-Sprint über 7,5 Kilometer am Samstag wäre alles andere als ein Sieg von einer der beiden eine faustdicke Überraschung. Andere Deutsche erhoffen sich beim Auftakt ebenfalls Medaillen, motiviert durch die Resultate beim bislang einzigen Weltcup dieses Winters im Dezember 2022. Im finnischen Vuokatti gab es drei deutsche Premierensiege durch die 16 und 19 Jahre alten Paralympics-Entdeckungen Linn Kazmaier und Leonie Walter sowie durch Nico Messinger, der elf Jahre lang auf diesen Triumph hingearbeitet hat.

Der Sprint-Experte Marco Maier, doppelter Silbermedaillen-Gewinner der Paralympics in Peking 2022, darf sich in Östersund gleichsam etwas ausrechnen. Zumal er den Kurs gut kennt und schätzt. Er gewann auf ihm vor ziemlich genau einem Jahr im Langlauf-Sprint sein erstes und bislang einziges Weltcup-Rennen.

Den angekurbelten Ehrgeiz in der deutschen Mannschaft bewertet der Bundestrainer als positiv. Ralf Rombach ruft aber auch zu Demut auf. Erstens war zuletzt in Vuokatti nicht die komplette Weltelite präsent und die sonst sehr starken Athletinnen und Athleten aus der Ukraine schwächer als gewohnt. „Zweitens gibt es immer Umstände, die du nicht beeinflussen kannst.“ Rombachs Forderung an seine Schützlinge lautet daher: fokussiert und locker bleiben.

Bei den Männern stehend sind in Alexander Ehler, Steffen Lehmker und Sebastian Marburger drei weitere Deutsche vertreten. Lehmker und Marburger kommen aber wegen verzögerter Anreisen erst kommende Woche zum Einsatz. Bei den Frauen mit Sehbeeinträchtigung komplettiert Johanna Recktenwald das deutsche Trio. Die Saarländerin präsentierte sich zuletzt ebenfalls stark, muss aber in Schweden auf ihren gewohnten Guide verzichten. Der KIrchzartener Valentin Haag ist derzeit als Langläufer bei den Welt-Universitäts-Winterspielen in Lake Placid (USA) im Einsatz. Der erfahrene Guide Lutz Klausmann vertritt ihn.

Der Zeitplan:
Samstag, 21. Januar, 10.30 Uhr bis 15.25 Uhr: Biathlon-Sprint (7,5 km)
Sonntag, 22. Januar, 9.30 Uhr bis 15.35 Uhr: Langlauf Langdistanz klassisch (18 km)
Dienstag, 24. Januar, 12.30 Uhr bis 17.30 Uhr: Langlauf-Sprint freier Stil (0,8 km für sitzende Klasse, 1,2 km für stehende Klassen)
Mittwoch 25. Januar, 9.30 Uhr bis 15 Uhr: Biathlon Mitteldistanz (10 km)
Freitag, 27. Januar, 10 Uhr bis 15.16 Uhr: Biathlon Einzelrennen (12,5 km)
Samstag, 28. Januar, 12 Uhr bis 16.05 Uhr: Langlauf Mitteldistanz freier Stil (10 km)
Sonntag, 29. Januar, 10 Uhr bis 12.35 Uhr: Langlauf-Staffeln Mixed und Offen (4×2,5 km)

Das deutsche Aufgebot für Östersund (Name, Alter, Geburtsort, Verein):
Frauen mit Sehbeeinträchtigung: Linn Kazmaier (16 / Nürtingen / SZ Römerstein, Guide: Florian Baumann / 21 / Nürtingen / SZ Uhingen), Johanna Recktenwald (21 / St. Wendel / Biathlon-Team Saarland, Guide: Lutz Klausmann / 30 / Titisee-Neustadt/ SV St. Georgen), Leonie Walter (19 / Freiburg / SC St. Peter, Guide: Pirmin Strecker / 20 / Freiburg / SV Kirchzarten)
Frauen sitzend: Andrea Eskau (51 / Apolda / USC Magdeburg), Merle Menje (18 / Mainz / StTV Singen), Anja Wicker (31 / Stuttgart / MTV Stuttgart)
Männer mit Sehbeeinträchtigung: Nico Messinger (28 / Freiburg / Ring der Körperbehinderten Freiburg, Guide: Robin Wunderle / 24 / Freiburg / SC Todtnau)
Männer stehend: Alexander Ehler (53 / Leninogorsk (KAZ) / SV Kirchzarten), Steffen Lehmker (34 / Uelzen / WSV Clausthal-Zellerfeld), Marco Maier (23

Näheres zum Team:
www.nordski.de
Weitere Informationen zur Weltmeisterschaft:
www.winterparasport.com
Übersicht über alle Ergebnisse und Termine:
www.fis-ski.com/en/para-snowsports/para-nordic/historical-results

Text: nordski.de
Foto: © Martin Haag / nordski.de