„Rehasport ist für mich – meine Teilnehmer zu unterstützen, mehr Lebensqualität zu erlangen.“

Rehasport, sagt Ramona Stricker, „ist für mich eine Herzensangelegenheit und weit mehr als nur Sport“. Menschen bei ihrer Rückkehr in den Alltag zu begleiten und ihnen dabei mit individuellen Bewegungsangeboten zu begegnen – das ist das, was die zertifizierte Übungsleiterin für sich als größten Ansporn sieht. Den Betroffenen zu vermitteln, wie wichtig es ist, Selbstverantwortung für die eigene Gesundheit zu übernehmen und ihnen zu zeigen, was Sport den Menschen auf unterschiedlichste Weise geben kann: „Das bereitet mir große Freude“, sagt die 39-Jährige und betont: „Es geht dabei um mehr als eine Sportstunde. Ich finde es toll, dass Menschen Hilfestellungen bekommen und die Möglichkeit erhalten, ihren Gesundheitszustand zu verbessern.“

Als Übungsleiterin sei ihr wichtig, die Teilnehmenden entsprechend ihrer körperlichen Konstitution und ihrem Gesundheitszustand abzuholen und mithilfe von Sport zu mehr Mobilität zu verhelfen.

Die 39-jährige aus Miehlen im rheinland-pfälzischen Rhein-Lahn-Kreis ist seit 2013 im Rehasport tätig und leitet wöchentlich vier Gruppen für Menschen mit orthopädischen Erkrankungen. Die Kurse finden im Classic Sports in Miehlen statt, das mit seinen Angeboten dem Rehasportplus e.V. mit Sitz in Koblenz angegliedert ist. Der jüngste Teilnehmer ist 37 Jahre alt, die ältesten sind über 80. „Jeder kommt mit anderen Beschwerden“, erklärt Stricker, die es als Herausforderung sieht, „trotzdem allen gerecht zu werden“ und klarmacht, dass Rehasport eben nicht nur etwas für Senioren ist. „Zu mir kommen auch junge Leute, die häufig beruflich sehr eingespannt sind und wenig Zeit für körperlichen Ausgleich haben. Ich denke da an einen der jungen Teilnehmer. Er sitzt viel im Auto, ist viel unterwegs und muss etwas tun, um sein Bandscheibenleiden auszugleichen.“

Bei den älteren Teilnehmenden wiederum bleibe es häufig nicht bei einem Leiden. „Bei Senioren zwickt es schon mal hier und da. Einmal ist es das Knie, dann der Rücken. Es kommt schon häufiger vor, dass gleich mehrere Beschwerden zusammenkommen“, sagt Stricker. Auch darauf gelte es innerhalb des Kurses Rücksicht zu nehmen. Der Austausch sei enorm wichtig. „Ich muss wissen, wie es meinen Teilnehmenden geht. Die Intensitäten und Übungen sind daher individuell verschieden.“

Stricker ist es darum ein Anliegen, den Menschen ein Gerüst zu schaffen und Übungen mit auf den Weg zu geben, die sie auch eigenständig zu Hause anwenden können. „Ich lege den Leuten nahe, dass sie selbst noch was tun, gebe Impulse für den Alltag. Mit einem Mal Sport in der Woche ist es nicht getan.“

Ohnehin habe jeder seinen persönlichen Krankheitsverlauf – und folglich auch eine unterschiedliche Motivation. „Häufig haben die Betroffenen nicht nur körperliche Beschwerden, auch die Psyche hat schon ganz viel gelitten, weil der Leidensweg durch die Erkrankung sehr groß war. Mir ist es daher sehr wichtig, die Leute in der Gruppe zu integrieren und ihnen zu helfen, mehr Lebensqualität zu erlangen“, sagt Stricker. „Sie sollen sich so gut fühlen, dass sie gerne kommen.“

Der erste wichtige Schritt sei mit dem Start im Rehasport gemacht. Nicht selten bedeute der Gang zur Gruppe große Überwindung und ist eine echte Hemmschwelle für manche Teilnehmenden. „Da spielen Unsicherheit und Scham eine große Rolle, zumal völlig unterschiedliche Charaktere aufeinandertreffen. Der eine kommt und legt sofort los, andere sind skeptisch, ob ihnen das Angebot wirklich was bringt. Da ist nicht immer klar, ob sie wiederkommen und bleiben.“

Umso wichtiger seien der regelmäßige Austausch und die Treffen. Die Erfahrung zeige: „Für viele Menschen ist der wöchentliche Sport ein wichtiger Termin, der Struktur und aber auch Ablenkung vom Schmerz bietet.“

Wer nach der Kurseinheit noch das Gespräch sucht, für den hat Ramona Stricker gerne ein offenes Ohr. Die Integration in eine Gruppe sorgt für ein Gemeinschaftsgefühl. Während der Kurse achtet sie darauf, weniger Frontalunterricht als vielmehr die Teilnehmer untereinander Partnerübungen ausführen zu lassen. „So lernen sie sich kennen, haben einen Austausch und ein anderes Miteinander“, entgegnet die 39-Jährige, die sich mit ihrer Gruppe auch schon mal zum gemeinsamen Frühstück oder Abendessen trifft. „Wir sind miteinander gewachsen, und das macht es auch so schön.“

Die Rheinland-Pfälzerin ist durch ihre Tätigkeit beim Behinderten- und Rehabilitationsportverband Rheinland-Pfalz auch beruflich eng mit dem Rehasport verbunden. Die Sport- und Fitnesskauffrau und Fitnessfachwirtin ist seit 2016 im BSV Rheinland-Pfalz angestellt – und hat für sich, wie sie sagt, die perfekte Mischung gefunden zwischen Job und der Arbeit unmittelbar mit den Menschen. „Ich bin super happy, dass ich die Verbands-Tätigkeit mit dem Rehasport kombinieren kann“, betont Stricker, „diese Erfahrungen und das jeweilige Wissen sind sehr hilfreich für meine Arbeit.“

Über ihren heimatnahen Verein VfL Nastätten, der Nachwuchs für die Wassergymnastik suchte, ist sie mit dem Rehasport in Kontakt gekommen. Ich war zuvor bereits Kursleiterin im Regelsport. Um Rehasport anzubieten, braucht man spezielle Lizenzen“, erklärt Stricker, die sie dann beim BSV Rheinland-Pfalz erwarb. Stricker startete mit Wassergymnastik-Kursen, weitete ihre Übungsleiter-Tätigkeit aber recht schnell aus und übernahm weitere Gruppen in Miehlen. Bislang leitet sie ausschließlich Kurse mit orthopädischem Schwerpunkt. Die jüngste Gruppe findet beim TuS Niederwallmenach statt, der seit Juli 2023 sein Angebot um den Rehasport erweitert hat. Wenn es die Zeit zulässt, möchte sie auch die Lizenzen für Neurologie und Innere Medizin machen.

Die 39-Jährige möchte Menschen unbedingt dazu animieren, sich als Übungsleiter zu engagieren und darüber hinaus dafür werben, den Rehasport auszuprobieren. „Ich kann nur jedem ans Herz legen, sich bewusst um seine Gesundheit zu kümmern. Jeder Einzelne hat einen gewissen Anteil daran, wie es ihm in seinem Leben geht. Sport und Bewegung helfen in vielerlei Hinsicht dabei, das körperliche und seelische Wohlbefinden zu stärken.“

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Text: Stefanie Bücheler-Sandmeier / DBS
Foto: Privat