„Wie ein Ritterschlag“

Die paralympischen Athlet*innen durften wie ihr olympisches Pendant in diesem Jahr selbst aktiv bei der Wahl zum Sportler des Jahres in Baden-Baden abstimmen und eine Vorauswahl für die bislang allein wählenden Sportjournalist*innen treffen. Unter diesen Vorzeichen kam es bei der 77. Auflage zu einem historischen Ergebnis für den Para Sport und vielen begeisterten Stimmen.

Weitspringer Markus Rehm auf Platz fünf mit 626 Stimmen, Monoskifahrerin Anna-Lena Forster als Siebte mit 474 Stimmen und Schwimmer Taliso Engel als Neunter mit 246 Stimmen – gleich drei Leute unter den Top Ten, das ließ Stefan Kiefer, den Generalsekretär des Deutschen Behindertensportverbands, jubeln: „Das ist eine großartige Leistung. Der Sportler des Jahres hat nicht nur mit den veränderten Wahl-Modi eine tolle Wendung genommen, sondern es ist auch eine sehr viel modernere und kurzweiligere Veranstaltung geworden durch die Moderation und das gefällt mir persönlich ausgezeichnet.“

Die deutschen Kader-Athlet*innen konnten 2023 erstmals mitwirken und für ihre Favorit*innen – ein tolles Zeichen, wie auch DBS-Präsident Friedhelm Julius Beucher findet: „Es ist unwahrscheinlich gut und wichtig, dass der Para Sport auch hier gleichberechtigt seinen Eingang gefunden hat.“ Das sieht auch Monoskifahrerin Anna-Lena Forster so, die dank vier WM-Titeln im spanischen Espot und einer Silbermedaille auf Platz sieben landete: „Es fühlt sich an wie ein Ritterschlag, unter den Top Ten zu sein, wenn man weiß, dass auch die Athletinnen und Athleten mitgewählt haben. Sie wissen, was wirklich hinter so einem Erfolg steckt: Was für ein Aufwand, was für Trainingsumfänge, was für alles einfach – und deswegen ist es cool, das zu sehen.“

Bei den Männern landete Markus Rehm mit zwei Weltrekorden und dem WM-Sieg sogar auf Rang fünf – das bislang beste Ergebnis eines männlichen Para Athleten überhaupt. 8,64 Meter Ende Mai, 8,72 Meter Ende Juni und der sechste WM-Titel in Folge mit 8,49 Metern Mitte Juli: Der bisher ungeschlagene Para Weitspringer zeigte in dieser Saison, dass er noch immer besser wird und freute sich sehr über die Würdigung seiner Leistungen: „Ich habe die Top Ten gesehen, die Namen durchgelesen und im Sportstudio den Zusammenschnitt gesehen und dachte mir so: Mit den Athleten aufzutreten oder vorzukommen, das ist schon echt stark. Alles Riesen-Namen, alles Athleten, vor deren Leistungen ich großen Respekt habe und da dabei zu sein, das ist schon toll.“

Die besten Para Ergebnisse beim Sportler des Jahres zuvor hatte Langläuferin und Biathletin Verena Bentele 2010 mit Rang vier erreicht, auch Para Leichtathlet Wojtek Czyz war 2004 wie Rehm schon mal Fünfter gewesen. Ob der Alles-Gewinner im kommenden Jahr mit der WM in Kobe und den Paralympics in Paris sogar ganz oben steht? „Mal gucken, die Frage, mit den neun Metern kam ja heute. Ich glaube, ich muss neun Meter springen, um hier zu gewinnen mit der Konkurrenz. Aber wieso nicht? Meine Trainerin Steffi Nerius hat das ja schon mal erwähnt in einem Interview und mich unter Druck gesetzt. Es wäre schön, wenn eine Neun vor dem Komma steht und wenn so eine Leistung dann honoriert wird, wäre das schon Wahnsinn.“

Das Top-Ten-Trio komplettierte Para Schwimm-Weltmeister Taliso Engel, der über 100 Meter Brust seinen Titel verteidigte – obwohl er eine schwere Saison hinter sich hat, zu deren Beginn der sehbehinderte Paralympicssieger auf einem Ohr ertaubte: „Dieses Jahr bedeutet mir das noch mal mehr, weil die Sportlerinnen und Sportler richtig mitentscheiden durften, zumindest für einen Teil. Da so weit nach vorne gevotet zu werden – letztes Jahr noch Platz 20, jetzt Platz neun – das ist schon was sehr Besonderes und ein guter Abschluss für dieses Jahr.“

Sportlerin des Jahres wurde Biathletin Denise Herrmann-Wick, als Sportler wurde im Kurhaus in Baden-Baden Turner Lukas Dauser ausgezeichnet und die Mannschaft des Jahres wurden wenig überraschend die Basketball-Weltmeister. Zehnkämpfer Leo Neugebauer darf sich Newcomer des Jahres nennen, der Trainerpreis ging an Isabell Sawade als Teamchefin der Rhythmischen Sportgymnastik und Basketball-Bundestrainer Gordon Herbert.

Ende November gab es in Düsseldorf schon die Auszeichnungen für Forster als Para Sportlerin des Jahres, Weitspringer Léon Schäfer und die Para Ski nordisch-Staffel wurden Sportler und Team des Jahres, Kugelstoß-Weltmeister Yannis Fischer bester Nachwuchsathlet. Den Trainerpreis erhielten Para Ski nordisch-Bundestrainer Ralf Rombach und sein Triathlon-Pendant Tom Kosmehl.

>>> Informationen zu den Sportlerinnen und Sportlern des Team Deutschland Paralympics gibt es auf: www.teamdeutschland-paralympics.de

Text & Foto: Nico Feißt / DBS