Die Kinder gestalten unsere Zukunft

Die ehemalige RolliKids-Übungsleiterin Christina Hopfner arbeitet heute beim Diakonischen Werk im Landkreis Lörrach. Seit Ende Februar der Krieg in und um die Ukraine wütet, sind viel Menschen gezwungen in sichere Gegenden zu fliehen. Unter anderem aufgrund der Initiative der ‚Samuel Koch und Freunde Stiftung‘ wurden Menschen mit Behinderung daraufhin nach Deutschland evakuiert.

Heute betreibt die Stadt Bad Bellingen im Landkreis ein Gebäude als Anschlussunterkunft für knapp einhundert Menschen im Ortsteil Bamlach. Zumeist Frauen und Kinder mit den unterschiedlichsten Behinderungen, aber auch schwerstbehinderte Männer haben dort Zuflucht gefunden.

Christina, ihre Kollegin Miriana und der Student Vadym, organisieren und gestalten vor Ort die notwendigsten Hilfen damit die Menschen hier Fuß fassen können. Fragen über Fragen zu Versicherungen, Krankenkasse, Deutschkurse, Schulbesuche, Einkaufen, öffentliches Leben usw., usw. – Seelentrost kommt noch dazu. Unter anderem konnten sie auch Gelder bei der ‚Aktion Mensch‘ akquirieren, damit wir von den DRS RolliKids vor Ort eine erste Informationsveranstaltung mit Mobitraining für Rollifahrer durchführen konnten.

Anfang November war ich mit der Kollegin Ulli und ihren beiden Jüngsten einige Tage in Bamlach. Gemeinsam mit Miriana und Vadym verbrachten wir viele Stunden bei Spiel, Sport und Bewegung. Kleine Spiele, Fangen und Verzaubern, fliegende Bälle und Boccia Kugeln überbrückten die Sprachbarrieren. Der fünfjährige Vladimir ermutigte Veronica zum Kippeln – der quirlige Pjotr wartete jeden Morgen trotz herbstlicher Temperaturen bereits am Parkplatz um uns vom Auto abzuholen.

Für mich waren es sehr bewegente Tage. Die vielen Fragen, die mittels Google-Übersetzer auf mich einprasselten, die ernsten Gespräche die wir führten, die Geschichten der Familien die wir erfuhren, die Hintergründe und Umstände, die jede_r Einzelne offenbarte werde ich so schnell nicht vergessen. Die Meldungen aus den Nachrichten haben hier viele bleibende Gesichter bekommen.

Waren die Schicksale noch so tief gehend, so wurde aber auch viel gelacht. Die Kinder waren es, die immer wieder mit dem Spielen weiter machen wollten. Da überbrückten lustige Abklatschreime locker drei Generationen und große Altersunterschiede. Nachbarskinder (zum Teil selbst vertrieben) aus dem Ort kamen zum ’spionieren‘ und schnell fielen Scheu und Berührungsängste. Dies gab auch mir Mut und macht Hoffnung, dass sich eines Tages die Dummheit des Krieges überholt und die Vernunft der Kinder obsiegt.

Ich hab echt gestaunt, wie viele Freiwillige und Ehrenamtliche, Helferinnen und Helfer in Bamlach ein- und ausgingen. Wie viele Menschen mit einer herzerwärmenden Selbstverständlichkeit sich einbringen für andere. Was wir auf jeden Fall aber noch bräuchten, sind: Übungsleiter Kollegen aus der Umgebung, Fußgänger sowie auch und gerade ‚echte Rollifahrer‘. Habe ich mich bei den Spielen und Aktionen vielleicht etwas zurückgehalten und Ulli und den Kids den Vortritt gelassen, so ward ich doch von Ivan, Pjotr, Artur, Vlad, Dmytro, Aleks und Veronica umringt, wenn es zu den Themen Lebenserfahrungen, Sportarten und Mobilität ging.

Es kommt so viel zurück, wenn man sich einbringt – ich kann Euch nur ermuntern – ganz im Sinne und Andenken an Horst Strohkendl: „Am meisten tut der Mensch für sich selbst, indem er was für andere tut.“

Klaus D. Herzog

>>> zu den DRS-RolliKids.de

Fotos: © Privat