Bereit für eine WM voller Fragezeichen

Deutschlands Rollstuhlcurling-Team startet am Samstag im kanadischen Richmond südlich von Vancouver im Mixed-Double-Wettbewerb in die Weltmeisterschaften (4. bis 12. März 2023). Dabei ist vor allem eines sicher: Es wird ein Turnier voller Fragezeichen. Erst zum zweiten Mal findet eine WM im zweiköpfigen Mixed-Double statt, bei der Premiere landete das deutsche Team im vergangenen Jahr auf Platz neun.

Erneut vertreten Christiane Putzich (47, Hofgeismar, Curling Club Füssen) und Burkhard Möller (55, Mannheim, Curling Club Schweinningen) die deutschen Farben. Das Duo ist eingespielt, auch wenn es im Mixed-Double seit der WM 2022 keinen internationalen Vergleich in diesem noch jungen Wettbewerb mehr gegeben hat. „Wir haben dafür viel in dieser Konstellation trainiert und sind gut drauf“, berichtet Cheftrainer Helmar Erlewein, der das Team gemeinsam mit Co-Trainer Jamie Boutin vor Ort betreut. Beim Abschluss-Lehrgang in Füssen testeten Putzich und Möller gegen Fußgänger-Teams aus dem Gehörlosen- und Junioren-Bereich und entschieden alle Spiele für sich. „Das hat mir gut gefallen, das Selbstvertrauen ist da und das gibt uns noch mehr Sicherheit“, betont Erlewein, der sich über die Erfolge freut, zumal Fußgänger in der Regel im Vorteil sind gegen Teams im Rollstuhl.

Das deutsche Duo ist somit gut vorbereitet und weiß um eine gute Form – abgesehen davon ist der Trip nach Kanada allerdings eine Reise ins Ungewisse. Das liegt nicht nur daran, dass dieser Wettbewerb erst zum zweiten Mal ausgetragen wird, sondern vor allem an der Tatsache, dass in Vancouver parallel noch der Team-Wettbewerb stattfindet – und folglich die Besetzung in den jeweiligen Turnieren durcheinanderwirbelt. Somit treffen die Deutschen größtenteils auf andere Gegner als noch im Vorjahr, viele Namen sind gänzlich unbekannt. „Dadurch gibt es viele Fragezeichen, welches Niveau die anderen Duos haben“, erklärt Erlewein. Was hingegen feststeht: Insgesamt nehmen 19 Nationen in zwei Gruppen am Mixed-Double-Wettbewerb teil, das deutsche Duo spielt in einer Neuner-Gruppe und hat damit in der Vorrunde acht Partien in sieben Tagen. Anschließend gibt es eine Gesamtliste beider Gruppen und der Wunsch ist ein Platz unter den besten sechs Nationen, um an den Entscheidungsspielen teilnehmen zu dürfen.

Eine zusätzliche Teilnahme am Team-Wettbewerb musste das deutsche Team absagen – für beide Turniere gibt es schlichtweg zu wenige Sportler*innen auf diesem Niveau. Daher hofft Helmar Erlewein auch darauf, dass der Mixed-Double-Wettbewerb schon bei den Spielen 2026 in Italien zum Programm der Winter-Paralympics gehören wird. „Ich hoffe und glaube, dass es diese Erweiterung geben wird. Die WM in Kanada ist gewissermaßen ein organisatorischer Testlauf“, sagt Erlewein. Eine Entscheidung wird für Ende März erwartet.

Die deutsche Rollstuhlcurling-Nationalmannschaft hat somit gleich zwei wichtige Hausaufgaben: „Einerseits brauchen wir den sportlichen Erfolg, um Ergebnisse zu erzielen und unsere Sportart bekannter zu machen. Andererseits müssen wir die Strukturen wieder aufbauen und wollen neue Sportlerinnen und Sportler für Rollstuhlcurling gewinnen“, betont Erlewein, der bedauert, dass es bereits seit 2018 keinen Fachwart für Rollstuhlcurling im Deutschen Rollstuhl-Sportverband gibt. „Im Rollstuhlcurling braucht es sehr viel Präzision und damit Fleiß und Akribie. Wir betreiben Leistungssport“, stellt Erlewein klar. Zudem hofft er künftig auf mehr Konkurrenzkampf rund um die Nationalmannschaft.

Viel Präzision wird auch bei der WM in Vancouver benötigt, zumal das kanadische Eis erfahrungsgemäß sehr schnell ist. „Wir haben bereits bei ähnlichen Bedingungen trainiert, um gut vorbereitet zu sein“, sagt Erlewein. Los geht es für das deutsche Duo am Samstag, 4. März, gegen Südkorea. Mit einem Sieg zum Auftakt soll der Grundstein gelegt werden für eine erfolgreiche WM – in einem Wettbewerb der 2026 aus deutscher Sicht hoffentlich zum Paralympics-Programm gehört.

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Text: Kevin Müller / DBS
Foto: © DBS